Familienzeit weltreisen

Weltreise Stories "Russland"

Wir sind sehr froh, dass Moskau unser erstes Ziel auf der Weltreise ist. Eine tolle Stadt, mit freundlichen Menschen und vielen Entdeckungen für Kinder. Die staunenden Augen und breit grinsenden Gesichter von Fine und Willi machen uns glücklich. Trotz den vier- bis achtspurigen lauten Straßen, die man nur per Tunnel unterqueren kann, finden wir immer wieder Ruheoasen. Am meisten erstaunt uns die Freundlichkeit, vor allem Kindern gegenüber: Am "Roten Platz" mussten wir gaaaanz dringend aufs Klo. Neben einem Luxuskaufhaus und Sterne Restaurant nichts weiter zu sehen. Also gehen wir in unseren "Outdoor" - Klamotten ins Sterne Restaurant (Kellner im weißen Anzug mit Fliege) und - wir werden freundlich empfangen und aufs Klo gebracht - ohne zu "bezahlen" - stellt euch das mal in Deutschland vor ;-)

 

Unser erster Eindruck von Moskau war durchweg positiv. Die Passkontrolle am Flughafen dauerte zwar etwas länger als in anderen Ländern, aber wir hatten ja Zeit. Da wir Low-Budget reisen, kam eine Taxifahrt zu unserer Unterkunft für uns nicht in Frage. Vom Flughafen fährt ein Zug direkt ins Zentrum von Moskau und den wollten wir nehmen. Der Fahrkartenkauf war problemlos auf englisch am Automaten möglich. Tickets für 4 Personen kosteten uns insgesamt ca. 30 €. Im Zug erfuhren wir, dass es auch ein Familienticket für die Hälfte des Geldes gibt. Das wollten wir uns für die nächste Fahrt (mit der U-Bahn, die uns direkt zu unserer Unterkunft bringt) ersparen und kauften die Fahrkarten an der Kasse. Super. Mit unseren günstigen Tickets in der Hand begaben wir uns auf direktem Weg in die Rush-Hour von Moskau. Dumm gelaufen. Mit Massen an Menschen quetschen wir uns mit unseren riesigen Rucksäcken, 3x Handgepäck und Kindern auf dem Arm die enorm langen Rolltreppen zur U-Bahn hinunter. Und wieder rauf. Und wieder runter. Es dauerte, bis wir die richtige Linie gefunden hatte. Für mich standen dort überall nur Hieroglyphen - für Mirko, halbwegs lesbare Worte. Wir drängten uns also in die übervolle U-Bahn, konnten uns keinen Millimeter bewegen und zählten aufgeregt die Haltestellen mit. Blöd nur, dass wir aus der Bahn heraus keinen Haltestellen-Name erkennen konnten. So fuhren wir erstmal in die falsche Richtung. Dann wieder zurück. Dann wieder zwei Haltestellen zu weit. Also wieder zurück. Irgendwann kamen wieder übermüdet und mit einem hungrigen Willi - alle die ihn kennen, wissen was das bedeutet ;-), endlich an der richtigen Station an.

Dennoch waren wir irgendwie entspannt. Die Menschen waren freundlich und wir fühlten uns gleich wohl hier. Egal wie voll oder leer die Bahnen waren, unsere Kinder bekamen immer sofort einen Sitzplatz angeboten, ein nettes Lächeln und lieb gemeinte Worte.

Die vielen Spielplätze in Moskau begeistern die Kinder. Aber auch auf dem "Roten Platz", im Museum der "Basilius Kathedrale", rings um den "Kreml" oder im "Gorki Park" wird niemanden langweilig. In Moskau kann man wunderbar mit kleinen Kindern reisen und eine tolle Stadt entdecken. 

Auch der Kontakt zu anderen Kindern lässt Eltern-Herzen höher schlagen. Willi quatscht einfach drauf los und bekommt Küsschen von den "großen" Mädchen. Fine merkt schnell, dass Spiele wie "Fangen" und "Verstecken" auch in Russland bekannt sind. Dazu braucht man nicht mal die gleiche Sprache sprechen. Morgen geht unser Abenteuer in der Transsibirischen Eisenbahn weiter...

Moskau - Irkutsk

Lärmende Spielsachen und Quietsch-Bälle sind hier nicht erlaubt! Mit strafendem Blick und erhobenen Zeigefinger steht sie mittendrin in der Rasselbande. Die russische Schaffnerin, unsere Waggon-Chefin. Zirka 10 Kinder und ihre Familien teilen sich einen Waggon mit 8 Abteilen. 

Schon die Ankunft am Moskauer Bahnhof überwältigte uns. Beeindruckende riesige Gebäude, wobei mindestens vier verschiedene historische Bahnhöfe nebeneinander lagen - einen für jede Himmelsrichtung. Geschäftiges Treiben um die Mittagszeit, sowie ein- und ausfahrende ellenlange Züge lassen und staunen. Umgeben von Dampf, hunderten Menschen, undefinierbaren Gerüchen und Lärm schieben wir uns langsam vorwärts. Dann stehen wir vor der Lok unseres Zuges. Der Transsibirischen Eisenbahn Nr. 070. Kein neues, eher eines der älteren Modelle. Waggon 11 sollte unser neues Zuhause für 4 Nächte sein, das uns 5.191 km durch die sibirische Landschaft bis an den Baikalsee fährt. Vor jedem Waggon stand eine eigene Schaffnerin. Sie war die Herrin des Waggons. Immer mal wieder ein kleines Trinkgeld und ein nettes Lächeln - hatten wir gelesen - sorgt für ein entspanntes Verhältnis zur russischen Schaffnerin, die ein strenges und hartes Regime im Zug führt.

Wir liefen also vorbei an Waggon 1-10 und waren begeistert. Freundliche, junge und hübsche Frauen in gut aussehender Schaffneruniform begrüßten die Reisenden und heißen sie Willkommen. Unsere Vorfreude stieg. Das wird eine tolle Zeit. Und dann noch mit zwei süßen kleinen Kindern, die jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubern - dachten wir... bis wir unsere Waggon-Herrin sahen. Und "Herrin" trifft es auf den Punkt. Weder freundlich, noch adrett. Mit kurzen blondierten Haaren, etwas über das mittlere Alter hinaus, stand sie eisern dort, mit beiden Beinen sehr fest auf dem Boden und blaffte uns auf russisch an: "Dokumenti!" Das wars. Wir zeigten brav alles vor und stiegen ein.

Zugegeben, wir machten uns vorher viele Gedanken. Mit zwei kleinen Kindern, 5 Tage und 4 Nächte in einem Zug quer durch Sibirien. Das muss doch die Hölle sein. Die Kinder langweilen sich, zanken sich, können nicht toben. Wir ließen es drauf ankommen. Erstaunlicherweise waren unsere Sorgen diesbezüglich unbegründet.. Fine und Willi spielten herrlich zusammen, fanden schnell Anschluss bei den russischen Kindern, tauschten Spielzeug, tobten auf dem langen Gang, beschäftigten sich mal bei uns im Abteil, mal bei anderen Familien, bekamen Besuch von anderen Kindern, tanzten zu russischen, englischen und deutschen Kinderliedern oder sahen gemeinsam auf Laptops russische oder deutsche Kinderfilme. Mittags schliefen sie lange im schaukelnden Zug und wir Erwachsenen hatten Zeit, die fantastische Landschaft zu genießen, zu lesen oder uns mit Mitreisenden auszutauschen. 

Bei jedem längeren Stopp kauften wir auf den Bahnsteigen von fliegenden Händlern frische Lebensmittel. Obst, Gemüse, verschiedenste Teigtaschen, gekochte Dill-Kartoffeln oder geräucherter Fisch standen auf unserem Speiseplan.

Die hygienischen Bedingungen waren nicht ganz so nach unserem Geschmack - wie erwartet. Die zwei Toiletten, jeweils am Waggonende, waren sehr rustikal. Der Geruch haftete noch eine Weile nach dem Toilettenbesuch an einem. Überhaupt roch es immer mal wieder anders in der Eisenbahn. Ein Hauch von verbrannten Gummi (woher auch immer) und Rauch jeglicher Art schwebte durch die Abteile. Gingen wir am Abteil der russischen Jugendlichen vorbei, befanden wir uns zu jeder Tageszeit in einer leichten Bierfahne. Im Abteil neben uns wechselte der Duft zwischen Zigarettenqualm, Glutamat (von den Instant-Nudeln) und Schweiß. Den metallischen Geschmack vom heißem Samowar-Wasser und den ständigen Räucherfischgeruch konnten auch drei Löffel Instant-Kaffee nicht überdecken. Ach ja, andere Mitreisende würden wohl die ganz besondere Duftmarke von Willi erwähnen die (vor, während und nach dem Wickeln) aus unserem Abteil strömte ;-)

Unsere Schaffnerin musterte uns ständig von oben bis unten ohne auch nur unser morgendliches "dobrui utro" zu erwidern.  Sie hatte aber auch eine Menge zu tun. Sie empfing nicht nur stolz in ihrer Uniform die Reisenden und wies die Betten zu, sondern begab sich direkt, nachdem der Zug Fahrt aufnahm, in ihre Arbeitskleidung: eine alte Kittelschürze und Schlappen. Nun begann sie, den Samowar zu heizen, Bettzeug und Handtücher zu verteilen, Abteile und den Gang zu wischen, das Klo zu putzen, sorgte für Ordnung, weckte zu jeder Tages- und Nachtzeit die Mitreisenden, sodass niemand seinen Zielbahnhof verpasste. Sie verkaufte Süßigkeiten und Souvenirs, schaltete Lampen und Steckdosen zentral an und aus und wechselte sich mit einer zweiten Schaffnerin (die ihr wie aus dem Gesicht geschnitten glich) im Schichtdienst ab.

Ach ja, zur Abteil-Ausstattung in der Transsibirischen Eisenbahn: Wir nutzen absichtlich nicht die Luxusvariante, die gern in Reisedokumentationen zu sehen ist, sondern die ganz normale Variante des reisenden Russen, der seine Verwandten besucht (4000 km weit weg). Nachdem wir mit unseren Rucksäcken gerade so durch die engen Gänge passten und unser Abteil Nr. 5 beziehen wollten, passten wir gar nicht alle rein. Also, Rucksäcke und Taschen ablegen und erstmal umschauen. Zwei schmale Doppelstockbetten getrennt durch einen schmalen Gang mit einem kleinen Klapptisch. Man kann sich auch die ehemalige Reichsbahn aus DDR-Zeiten  vorstellen. Es waren 4 Rollmatten vorhanden (max. 10 cm dick), huckelig und sie fühlten sich an, wie mit Heu gefüllt. Dazu gab es Decken und Kissen. Wir hatten die neue Situation noch gar nicht richtig wahrgenommen, da stand Waggonherrin Nr. 2 vor uns. Sie war noch einen Zacken härter als ihre Kollegin. Nachdem sie einen riesigen Schwall russische Worte auf uns nieder warf, klatsche sie uns verschiedene Beutel mit Bettzeug und Handtücher kopfschüttelnd ins Abteil. So schnell wie sie plötzlich da war, war sie auch wieder weg. Erst am 3. Tag und nach 2 Einkäufen bei ihr mit Trinkgeld schaffte es Willi endlich, ihr Herz zu erweichen. Wir bekamen nun immer ein nettes Lächeln und Antworten auf all unsere Fragen. 

Eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn mit Kindern ist auf jeden Fall empfehlenswert. Der Kontakt zu den Mitreisenden ist sehr spannend für Eltern und Kinder. Einige Russischkenntnisse sind definitiv sehr hilfreich. Die Landschaft ist atemberaubend schön, sie ändert sich teilweise erst nach 2 Tagen wieder. Ein Erlebnis waren für uns auch die draußen vorbeirauschenden sibirischen Dörfer mit den märchenhaft verzierten und bemalten Holzhütten mit eigenem Gemüsegarten. Und im Kontrast dazu die kolossalen, teilweise verfallenen Industrieanlagen aus der Sowjetzeit. Auch Fine und Willi schauten immer wieder gern aus dem Fenster und träumten vor sich hin. Sie waren immer gut gelaunt und wären sogar gern noch weiter gefahren. 

Lässt man sich auf die russische Mentalität ein (Lächeln ist eher selten, Antworten sind oft barsch und direkt, Musik läuft gern laut) und sieht über die ein oder anderen Unannehmlichkeiten hinweg, kann man eine wunderschöne und aufregende Zeit in der Eisenbahn genießen. 

Irkutsk - Listvjanka - Kurma

Noch immer knarren die schweren Eisenketten von der kunterbunten Schaukel in unseren Ohren. In der Luft schwebt der typische "Baikalgeruch" nach geräuchertem Fisch, der uns täglich begleitet, in unseren Sachen, in unseren Haaren, ja selbst die Bettwäsche riecht ohne Zweifel - geräuchert. Unendlich ist der Blick von "unserer" Schaukel - weit in Land hinaus - ins riesige, unendlich erscheinende Sibirien - hinweg über Wiesen, Wälder und dem majestätisch vor uns liegendem Baikalsee.

Schon die Anreise war spektakulär. Mit einem Minibus  ging es Richtung Norden am Baikalsee entlang. Etwa bis zur Hälfte des Sees wollten wir fahren, ca. 300 km in die "Wildnis", in ein Camp direkt am Wasser. Kein Geldautomat, kein Supermarkt, nichts, einfach nur Natur pur. Über 4 Stunden dauerte unsere rasante "russische" Fahrt über Sandwege, Huckelpiste und scheinbar selbst angelegte Straßen. Wir wurden ordentlich durchgeschüttelt. Unerklärlich, dass Fine und Willi während dieser Strapazen auch noch schlafen konnten. Hätten wir vorher gewusst, was auf uns zukommt, dann wären wir wohl im touristischen Listvyanka geblieben.

Ein Ort, der nicht unbedingt auf der Reiseliste stehen muss, aber für uns "Baikal-Neulinge" zum Schnuppern ganz ok war. Listvyanka ist recht teuer und alles kostet auch noch extra. Selbst eine Bank am Strand ist nur gegen Bares zum Ausruhen nutzbar. Von Deutschland aus buchten wir schon eine Unterkunft. Sie sollte nah am Wasser sein, englisch sprechendes Personal haben, sowie besonders für Kinder geeignet sein. Alles Punkte, die bei booking.com wunderbar zu recherchieren waren. Das Problem an der Sache war nur, dass russische Unterkünfte es nicht ganz so genau mit der Wahrheit nehmen. Zu unserer Pension, die 50 m vom Baikalsee entfernt sein sollte, liefen wir jeden Tag 2 km!!! den Berg hinauf (an allen Häusern vorbei, bis der Schotterweg beginnt, in einem Waldweg übergeht, vorbei an Wiesen, bis der Wald beginnt und keine Häuser mehr zu sehen sind - DA steht unsere Pension). Und, wer hätte es gedacht - kein englisch sprechendes Personal, nicht wirklich für Kinder geeignet, Diskussionen auf russisch über die Bettenanzahl (obwohl wir ein Bett für Fine und ein Doppelbett für uns und Willi gebucht hatten). Dafür gab es dann nur abgezähltes Frühstück für drei, was aber beim Kellner zu bestellen war, nix mit Selbstbedienung. Ach ja, und der Preis, der bei booking.com angegeben und bestätigt wurde, wurde einfach mal so erhöht vor Ort. Vielleicht sollten wir an dieser Stelle noch erwähnen, dass direkt unter unserem Fenster (das nachts offen war) die Raucherbank der Angestellten stand, abends um elf eine Feuerwerksbatterie gezündet wurde (vor unserem Fenster), bis nachts um halb drei laute Musik aus Autos (neben unserem Fenster) lief und betrunkende Russen (inkl. Angestellten) eine wilde Party feierten (vor unserem Fenster :-) Wir fühlten uns dort nicht sehr wohl, haben aber die 4 Tage dennoch viel erlebt. 

Die Landschaft ist einzigartig und wunderschön. Fine und Willi liebten den Strand mit den Steinen. Selbst unsere Wanderungen begeisterten die beiden.

Auf unserem langen Anmarsch nach oben zur Pension stand ein alter, abgesessener, schmutziger Sessel am Wegrand. Jeden Abend saß dort eine Omi mit einem langen geflochtenen Zopf und einer Fellmütze. Sie hielt ein altes Teeglas (mindestens 1 Monat nicht gespült) mit Schwarztee und eine dicke gedrehte Zigarette in der Hand. Jeden Abend auf unserem Heimweg standen Fine und Willi mit großen Augen vor ihr und ließen sich durch ihre lieblichen russischen Worte betüddeln.

Die quälende Fahrt lohnte sich. Uns fehlten die Worte. Jeder schaute mit offenen Mund vor sich hin. Eine spektakuläre Landschaft so weit das Auge sehen kann. Berge, Wiesen, Wälder und der Baikalsee (ein über 600km langer See, über 1600m tief). Und das alles ohne Zäune. Querfeldein liefen wir, einfach so, wie wir wollten. Kuh- und Pferdeherden grasten völlig frei. Einzelne Kühe liefen durchs Camp, standen plötzlich neben den Zelten der Russen und keiner störte sich daran. Jeder machte was er wollte. Einige Russen rasten mit ihren Quads ohne Helm herum, die ganze Familie (5 Pers.) mit drauf, gern auch im stehen. Und hier erlebten wir auch die stinknormalen russischen Leute. Unglaublich freundlich, hilfsbereit und neugierig. Fine und Willi waren die Exoten in der Gegend. Sie fanden schnell Freunde und waren jeden Tag umringt von russischen Kindern. Es fielen sogar ein paar Worte deutsch, da einige Kinder hier in der Schule unsere Sprache lernen. Aber auch die russischen Sätze klangen nun nicht mehr ganz so fremd. Selbst für Willi waren "poka poka" und "bye bye" schon selbstverständlich. Die Kinder hatten ihre eigene Sprache und spielten stundenlang zusammen. Es wurden sogar kleine Vokabellisten für die Schule mit Fines Hilfe angelegt. Der Spielplatz war aber nicht nur für die Kinder, denn in Russland sind die "Klettergerüste" meist so gebaut, dass Erwachsene ihr Work Out machen können (Dips, Klimmzüge, Bauchübungen, ...) und das wird auch rege genutzt, in Stadt und Land etwas völlig normales.

Unsere Unterkunft war klein aber ok. Das Bad hatte nicht mal 2 m², aber bot alles was man brauchte - außer Platz. Das ganze Lager hier schien "russischer Eigenbau", aber war dennoch schön. Die Details machten den Unterschied (schiefe Türen die klemmen, alles nicht ganz so stabil...). Für die Kinder war es das Paradies. Sie spielten wo sie wollten, liefen allein umher, hatten immer viele Freunde um sich herum, waren den ganzen Tag draußen und hatten viel viel Platz zum Toben. Hände, Gesicht und Füße waren "dauer-schmutzig" und es war einfach nur herrlich sie so zu sehen. 

Ab und zu gab es mal eine Auszeit von der Kinderschar und wir erkundeten gemeinsam die Gegend. Jeder Spaziergang war ein Abenteuer. Baden im 15°C kalten See, Steine werfen, Pferdeherden mit ihren Fohlen aus nächster Nähe beobachten, Berge besteigen, durchs knietiefe Wasser auf eine Insel laufen, Picknick, spontane Gespräche mit Einheimischen und Händen  und Füßen und vieles, vieles mehr. 

Wir sind erst 3 Wochen unterwegs, haben aber das Gefühl schon ewig zu reisen. Wir sind angekommen auf unserer Weltreise, genießen die Zeit und freuen und auf das was kommt. Eine Sache, die uns aber jetzt schon auffällt ist, dass Fine und Willi unterwegs sehr viel Freiheit und kaum Regeln haben. Sie gehen mit uns zur gleichen Zeit ins Bett, essen, wenn sie hungrig sind, schlafen, wenn sie müde sind. Die einzigen Regeln unterwegs dienen dazu gesund zu bleiben (Hände waschen, kein Wasser aus dem Wasserhahn trinken, usw.) Schon jetzt gibt es aus Kindersicht keinen Grund auf ein "Nein" von Mama und Papa zu hören. Daran müssen wir noch arbeiten ;-)

Zurück in Irkutsk verbrachten wir dort noch eine Nacht, bevor uns die Transsibirische Eisenbahn am nächsten Morgen Richtung Mongolei fährt. Fines Laune sank bis in den Keller als sie das große, schäbige Mietshaus sah. Nach über einer Woche Camp in der Natur hatte sie sich auf die Stadt gefreut. Wir ließen uns nichts anmerken und hofften auf ein Wunder. Das Wunder kam. So, wie wir es schon oft gelesen hatten. In diesen äußerlich recht heruntergekommenen Häusern mit dreckigen Hinterhöfen verbergen sich hinter schweren Stahltüren mit mind. 2 Schlössern hochmoderne, luxuriöse Wohnungen.

Baikalsee - Mongolei

Weinrote Polster mit golden wirkenden Ornamenten verziert, helle Wände, leise Musik im Abteil, die Gänge mit Teppich ausgelegt, Zitrusaroma weht uns um die Nasen, Toiletten blitzeblank und angenehm duftend, ein Gästebuch liegt parat, englische Wortfetzten fliegen uns entgegen, lächelnde und freundliche mongolische Frauen und Niederländer, Deutsche, Engländer, Inder, Franzosen und Italiener hinter Spiegelreflexkameras vor den streifenfrei gereinigten Panoramafenstern – das war unser Zug Nr. 6 – auf der transmongolischen Route nach Ulaanbaatar. 

Ein bisschen war es für uns, wie ein „Nachhausekommen“ – der Einstieg in die Transsibirische Eisenbahn. Wir freuten uns alle auf eine weitere erlebnisreiche Fahrt. Niemand von uns ahnte, dass diese Fahrt so ganz anders wird als die erste. Wir landeten im Touristenzug. Fine und Willi waren die einzigen Kinder. Die westlichen Touristen (meist über das mittlere Alter hinaus) fragten sich wohl, was wir hier mit zwei Kindern wollen. Kein Abteil war mit Russen besetzt. Statt wildem und lautem Treiben auf dem Gang, neugierigen Fragen trotz Sprachbarrieren und Gerüchen aller Art – vornehme Ruhe, zögerndes Lächeln und verschlossene Türen. Hier kauft man sich vier Betten für zwei Personen und ist so ungestört im Abteil. Nur, wenn laut Reiseführer ein lohnendes Fotomotiv erschien, strömten sie in den Gang und besetzten mit ihren Kameras die Panoramafenster, die im „alten Zug“ dazu genutzt wurden, um sich und seine Gedanken mit anderen auszutauschen.

Aber hier konnten die Schaffnerinnen vom ersten Moment an von unseren Kindern gar nicht mehr genug bekommen. Es dauerte nicht lang, bis Willi ungefragt und völlig fassungslos innerhalb weniger Augenblicke mehrere Knutscher inklusive Lippenstiftabdrücke von den Mongolinnen in Uniform bekam und Fine einen kunstvoll geflochtenen Zopf hatte.

Ab Irkutsk schlängelt sich der Zug für ca. 2 Stunden direkt am Ufer des Baikalsees entlang, teilweise mutet der Ausblick auf das klare Wasser, die hellen Steinstrände und die Berge an, wie eine Landschaft am Gardasee. Fast, denn die Russen zelten, fischen, grillen, räuchern, baden und saunieren (selfmade-Schwitzhütten aus Bauplanen, Dachlatten und heißen Steinen) auch hier überall am Ufer, wo der Lada noch irgendwie hinfindet.

Ohne Frage, die Fahrt war beeindruckend, auch der Kontrast zwischen den Zügen. Wir wollen dieses Erlebnis nicht missen und können nur empfehlen: „Macht einmal in eurem Leben eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau in die Mongolei. Und nehmt eure Kinder mit!“ Es fällt uns recht schwer, die richtigen Worte für diese fantastische Landschaft zu finden. Selbst Willi (noch nicht mal zwei Jahre alt) stand immer wieder staunend am Fenster und rief: „Ohhhh, cool, toll, da, toll.“